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Hochwasseropfer haben heute 17.00 Uhr vor dem Zittauer Rathaus demonstriert
Mit einem Aufruf an alle Hochwasser- und Flutgeschädigte hat
sich jetzt eine Gruppe von Bürgern an die Öffentlichkeit
gewandt und um Unterstützung und rege Teilnahme für eine
Demo gebeten. Dort sollen auch eine Unterschriftensammlung
und ein Brief an den sächsischen Ministerpräsidenten, der ab
17.30 Uhr zu einen Treffen mit den Bürgermeistern der Region
im Zittauer Rathaus vereinbart ist, übergeben werden.
In dem Brief heißt es wörtlich: "Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Tillich, in Ihrer Regierungserklärung vom 01.09.2010 haben Sie die
Hochwassergeschädigten in erster Linie auf die Eigenvorsorge
durch Versicherung verwiesen.Wir, die Unterzeichner der
Unterschriftensammlung haben entweder keine
Hochwasserversicherung bekommen oder eine solche wurde uns
nach dem Elbehochwasser 2002 gekündigt, obwohl es keinen
eigenen Schadensfall gab, wobei intensive Bemühungen um
einen anderweitigen Versicherungsschutz erfolglos
blieben. |
Sie sprechen immer von einem Hochwasser, das wir jedes
Jahr im Frühjahr und Herbst haben. In diesem Fall sprechen
wir aber von einer Flutkatastrophe, deren Einzelschicksale
durchaus vergleichbar mit dem Elbehochwasser 2002 sind.
Bitte lassen Sie Ihren schönen Worten auch die
entsprechenden Taten folgen, bitte helfen Sie uns!
Wenn im Vergleich zu 2002 wesentlich weniger Menschen
betroffen sind, kostet die Gleichbehandlung der Geschädigten
im Vergleich zu 2002 auch wesentlich weniger Geld. Wir
dürfen nicht dafür bestraft werden, daß damals bei der
Verteilung der Spendengelder Fehler gemacht wurden.
Wir wollen keine Sachsen 2. Klasse sein.
Wir, die Unterzeichner sind nur ein Teil der Geschädigten
der Flutkatastrophe, die keinen Versicherungsschutz
erhalten.
Hochachtungsvoll die Verfasser Volker Hofmann, Mike Reiche, Henry Liebe."
Tillich enttäuscht Flutopfer in ZittauStanislaw Tillich stellte sich vor der Tagung im Zittauer Rathaus den Demonstranten auf dem Markt.Foto: Thomas Knorr
Geduldig warteten gestern
Drausendorfer, Großschönauer, Hirschfelder, Bertsdorfer und
andere Hochwassergeschädigte auf ihren – Sachsens –
Ministerpräsidenten. Stanislaw Tillich kam auch zu ihnen und
trat auf das Rednerpult am Markt vor dem Zittauer Rathaus. Ganze
acht Minuten nahm er sich Zeit, um ihnen zuzuhören und ein paar
Fragen zu beantworten. Er redete von den fünf Millionen Euro
Soforthilfe, die das Land Sachsen schon nach wenigen Tagen
bereitstellte. Das Geld soll nun schnell ausgezahlt werden. Auf
die Zwischenrufe, dass das doch bei Weitem nicht reicht,
antwortete Tillich nicht.
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„Es bleibt so wie es
ist, wir stehen mit allem alleine da“, ärgerten sich darum Antje und
Thomas Schmidt aus Großschönau. Ihre Erdgeschosswohnung ist wie so
viele im Ort total abgesoffen. „Niemand ist gekommen und hat
gefragt, ob und was wir für Hilfe brauchen“, erzählt die 38-Jährige.
Mit Freunden und als Nachbarn untereinander habe man sich
gegenseitig geholfen. Die junge Familie hat eine
Elementarschadenversicherung, etwa die Hälfte des Schadens, den
damals der Gutachter ermittelte, haben sie ersetzt bekommen. „Wer
hilft aber den vielen alten Leuten, die mit diesen Angelegenheiten
einfach überfordert sind“, fragt Antje Schmidt. „Um die seelischen Belastungen kümmert sich kein Mensch. Nach die Leute alles rausreißen mussten, sind sie jetzt an dem Punkt angekommen, wo sie loslegen wollen. Aber dazu gibt man ihnen keine Chance“, schildert Petra Hönicke. Die 46-Jährige hilft ihrem Ex-Mann in Großschönau, weil er dringend Hilfe braucht. „Die einzige Hilfe, die ich bisher bekam, sind 300 Euro vom DRK“, berichtet Kornelia Prasse aus Drausendorf. Ihre Augen sind wässrig beim Erzählen. „Mutti, müssen wir wegziehen“, fragt sie ihr neunjähriger Sohn. Sie hat keine Antwort auf diese Frage. Und doch käme ein Aufgeben des Hauses für die 48-Jährige gar nicht in Frage. Alles, was sich im Erdgeschoss und im Keller bei Prasses in Drausendorf befand, ist hin. Wie viele andere hat sie zig Fragen, auf die sie gern vom Ministerpräsidenten eine Antwort bekommen hätte. „Was wird mit dem Neißedamm? Hat es überhaupt Sinn, am Haus etwas zu machen, bevor der Damm nicht repariert ist?“ „Wir erfahren gar nichts. Es hat nicht mal eine Einwohnerversammlung gegeben. Alle fragen sich, wann der Damm gemacht wird“, erzählt Hiltrud Schupp, die ebenfalls in Drausendorf wohnt. Aufmerksam lauscht sie den Erzählungen von Hochwasseropfern. Immer mehr fassen sich Mut und treten vor das Mikrofon auf der kleinen improvisierten „Bühne“ am Zittauer Rathaus. Es sind Geschichten, die sich wie die ihren anhören. Gespickt mit der gleichen Wut im Bauch, die auch sie verspürt. Sachsens Ministerpräsident ist längst in der Gesprächsrunde bei den Bürgermeistern im Zittauer Rathaus und hört die Erzählungen der Bürger nicht mehr. Trotzdem machen diese ihrem Ärger Luft. Sie sind auch enttäuscht, dass nur so wenigen von ihnen hier sind, um Druck auf den Ministerpräsidenten auszuüben. Mögen es Hundert Hochwasseropfer gewesen, mehr waren es nicht. Gespannt werden sie heute wieder die Zeitung lesen: Haben die Bürgermeister etwas in der Gesprächsrunde erreicht? Zuvor hatte Tillich ja immerhin bei der IHK auf der Wirtschaftskonferenz Tschechien verkündet, dass er gestern in Berlin von den Staatsministern für Kultur und Verkehr die Zusage auf Hilfe für die Flutregion bekam. |